„Stoppt den Krieg – Hände weg von Syrien (Frankfurter Demo zum Antikriegstag 1. September 2012)

Freidenker aus NRW demonstrierten mit in Frankfurt bei der  einzigen bundesweiten Kundgebung gegen die deutsche Einmischung in Syrien

Zum Antikriegstag am 1. September  2012 fanden wieder in vielen NRW-Städten örtliche Gedenk-Mahn,- und Protestveranstaltungen statt. Wie jedes Jahr selbstverständlich auch unter Beteiligung von Freidenkerinnen und Freidenker. Darüber hinaus folgten auch einige NRW-Freidenker dem Aufruf des „Frankfurter Solidaritätskomitees für Syrien“ zu der einzigen bundesweit organisierten Demonstration in Frankfurt. Dafür gab es gute Gründe:

Das diesjährige Gedenken an die Entfesselung des Zweiten Weltkriegs erfolgt vor einem außerordentlich gefährlichen weltpolitischen Hintergrund. In Syrien herrscht Krieg: Seit Anfang 2011 organisieren  die Türkei, Saudi-Arabien und Katar,  auf Betreiben  der USA, anderer  NATO-Mächte und Israels die Einschleusung terroristischer Truppen nach Syrien. Die Terrorbanden bestehen überwiegend aus fanatischen Salafisten und Moslembrüdern.  Ziel der völkerrechtswidrigen Aggression: Die Regierung von Präsident Bashar al-Assad soll aus dem Weg geräumt werden. Sie stört den Westen, weil Syrien unter Assad gegen imperialistisches Hegemoniestreben auf nationaler Selbstbestimmung besteht.  Sie stört die Islamisten und Golf-Despotien, weil die Assad-Regierung Syrien als säkularen Staat verteidigen und demokratisch weiterentwickeln will. Wenn Assad fällt, wird Syrien ein ähnliches Schicksal wie Afghanistan, Irak und Libyen erleiden. Dagegen  setzen Russland und China sowie der Iran auf Stabilität und Reformprozess in Syrien. Schon reden die Kriegsmedien von einem Stellvertreterkrieg. Wohin führt diese Entwicklung? Haben wir im Syrien-Konflikt bereits die Konstellation eines nicht mehr auszuschließenden  Dritten Weltkriegs vor uns?

Vor diesem bedrohlichen Hintergrund war das Zustandekommen der Demonstration  bereits ein großer Erfolg. Es zeigte sich, dass die Mehrheit der Syrerinnen und Syrer, die in Deutschland leben, ebenso wie in Syrien selbst,  die Regierung von Präsident Bashar al-Assad und die syrischen Sicherheitskräfte unterstützen. Die Mehrheit der Syrer ist loyal, gleich ob sie politische Anhänger Assads sind oder in Opposition zu ihm stehen. Dies war die Botschaft der Demonstranten, die deutlich machten, wie verzerrt und verloren das Syrien-Bild deutscher Medien und Politiker ist.

Ferner zeigte sich, dass die hier lebenden syrischen Menschen nicht, wie noch im Frühjahr bei ihren Demonstrationen in Frankfurt, Hamburg und Berlin mit anderen Einwanderern aus der Region allein unter sich waren. Es gab eine kleine aber aktive Beteiligung von Deutschen. Deutlich wahrnehmbar war – nicht nur aber vor allem – der Deutsche Freidenker-Verband. Sebastian Bahlo, der DFV-Referent für internationale Solidarität, leitete die  Demonstration zusammen mit Salim Tas, dem Vorsitzenden der Alawitischen Jugend in Deutschland. Klaus Hartmann, der DFV-Bundesvorsitzende, hielt eine Abschlussrede, in der er herausstellte, dass Deutschland aktive Kriegspartei ist. Er betonte die Heuchelei einer Bundesregierung, die einerseits das kostenlose Verteilen von Koran-Exemplaren durch Salafisten in deutschen Städten als Gefahr für die innere Sicherheit hinstellt und andererseits mit den Mörderbanden eben solcher Salafisten gegen Syrien gemeinsame Sache macht.  Passend dazu verbreiteten Bonner und Kölner Freidenker als Flugblatt den in dieser Ausgabe abgedruckten Artikel von Elias Davidsson „Al-Kaida: Die Geheimarmee der NATO“. Hartmann brandmarkte auch die in der Friedenbewegung propagierte Kumpanei mit sogenannten syrischen Oppositionellen als eine pervertierte Form von „Solidarität“, mit der nur die scheinbare Berechtigung der angeblich demokratischen Ziele der westlichen Aggression vorgetäuscht wird. Musikalisch umrahmt wurde die Demo von der türkischen Band Köln Sanat Atölyesi und dem Frankfurter Liedermacher und Sänger Ernst Schwarz, dem Vorsitzenden der Frankfurter Freidenker. Die Arbeiterfotografie machte eine Bildreportage, die auch den Wortlaut der Rede von Klaus Hartmann enthält. (Siehe Online-Flyer der Neuen Rheinischen Zeitung vom 5. Sept. 2012 http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=18173)

Die Frankfurter Rundschau (v. 2. September 2012) kolportierte in ihrem Bericht eine angeblich von der Polizei genannte Teilnehmerzahl von 600. Dagegen haben selbst verantwortliche Einsatzkräfte vor Ort gegenüber den Organisatoren von 3000 bis 3500 Teilnehmern gesprochen. Das übliche Zahlenspiel einmal beiseite: Bedenkt man, dass zwar die „junge Welt“ in der Vorschau auf die Demonstration ausführlich berichtete, aber keine andere Friedensorganisation, weder Friedensratschlag, noch Friedenskooperative, noch IALANA etc. es für nötig fanden, für eine bundesweite Mobilisierung gegen die völkerrechtswidrige deutsche Syrien-Politik zu sorgen, und den Aufruf des Frankfurter Solidaritätskomitees für Syrien“ sogar schlicht ignorierten, so kann im Vergleich damit, dass die Friedensbewegung vor einem Jahr im Libyenkrieg in selbstverschuldeter Bedeutungslosigkeit erstarrte, doch ein wichtiger Fortschritt verzeichnet werden: Gemeinsam demonstrierten erstmals Teile der deutschen Friedensbewegung und hier lebende Menschen aus dem bedrohten Land und der Region. Die Forderungen der Demonstranten richteten sich gezielt gegen die deutsche Regierung und unterstrichen den völkerrechtswidrigen Charakter der deutschen Syrien- Politik. Nicht zuletzt wurde dadurch deutlich gemacht, dass internationale Solidarität heute mehr denn je in der Aufdeckung der Völkerrechtswidrigkeit der Politik deutscher Machthaber bestehen muss.

Klaus von Raussendorff

Quelle: „frei BRIEF“ – Freidenker-Mitgliederinfo des Landesverbands NRW 2012 – 3