Ökonomische Aspekte der Wanderungs- und Fluchtbewegungen
Vortrags- und Diskussionsveranstaltung
Referent: Manfred Sohn
Samstag, 10. September 2016, 16 Uhr
Freidenker-Zentrum, Bayenstraße 11, 50678 Köln
(erreichbar mit der KVB-Linie 15 u. 16 Haltestelle “Ubierring”
bzw. KVB-Bus-Linie 133 Haltestelle “Rheinauhafen”)
Der Text des Vortrags ist hier dokumentiert.
Die Diskussionen um die große Fluchtbewegung in Richtung Westeuropa, die seit Mitte des letzten Jahres begann, werden in linken Organisationen und Parteien vor allem unter moralischen und politischen Gesichtspunkten geführt.
Diese Diskussionen sind nicht neu.
Schon auf dem Stuttgarter Sozialistenkongress im August 1907 wurden wichtige und bis heute gültige Leitlinien erarbeitet. Verhindert werden sollte der Missbrauch der Wanderungsbewegungen für die Anfachung der Konkurrenz innerhalb der Arbeiterklassen. „Die Ein- und Auswanderung der Arbeiter sind vom Wesen des Kapitalismus ebenso unzertrennliche Erscheinungen wie die Arbeitslosigkeit, Überproduktion und Unterkonsum der Arbeiter.“ Gefordert wurden Massnahmen, die auch heute noch ihre Gültigkeit haben: so z.B. die Einbindung der Wanderarbeiter/Flüchtlinge in die gewerkschaftliche Organisation und Kämpfe für die Einhaltung einheitlicher Arbeitsbedingungen für alle.
Wir schreiben jedoch das Jahr 2016. Und da reichen innerkapitalistische Debatten
nicht mehr aus. Denn die Grundlagen für die Reproduktion der kapitalistischen Produktionsweise die Generierung profitabler Mehrwertraten sind mittlerweile in globalem Massstab an ihre Grenzen gestossen. Die ökonomischen, militärischen und ökologischen Zerstörungen der Staaten an der Peripherie sind nur Ausdruck einer immer verzweifelter und brutaler kämpfenden Wirtschaftsordnung um das Überleben.
‚Wir wissen, daß die letzte große europäische Flüchtlingswelle von 1945 der Nachklang einer noch größeren historischen Tragödie, der des II. Weltkriegs, war. Der 2015 begonnene große, von Süd nach Nord ziehende Flüchtlingstreck ist das Vorbeben eines noch größeren historischen Dramas, nämlich des Epochenbruchs, der mit der Herausbildung der finalen Krise der „auf dem Tauschwert ruhenden Produktion“ (Marx, Grundrisse) beginnt.‘ (M. Sohn)
Ist damit das Ende der Geschichte erreicht? Die vor den Zerstörungen an der Peripherie Flüchtenden sind für uns ein Menetekel an der Wand: unsere Sicherheit währt nicht ewig. Welche Handlungsmöglichkeiten haben wir als noch nicht Flüchtende? Reicht die Forderung nach Mindestlohn hier und militärischem Frieden dort aus? Und wo sind unsere politischen Handlungsfelder? Die Diskussion verspricht spannend zu werden.